Krisencheckliste

Die Krisencheckliste wurde von OA Dr. Georg Sojka und MMag. Ulrike Charwath – Klinger erstellt.

Diese Krisencheckliste soll als unterstützendes, strukturierendes Element dienen, um bei der Erhebung einer Krisensituation wichtige Informationen einzuholen und im Anschluss daran eine Entscheidung zu treffen, welche Art von Krise vorliegen könnte und welche Vorgangsweise sinnvoll ist.

Inhaltsverzeichnis

1. Welche Informationen sind einzuholen?

  • 1.1 Personaldaten
  • 1.2 Welche Situation liegt vor?

2. Einschätzung folgender Aspekte der Krisensituation

  • 2.1 Einschätzung des Zustandes/Verhaltens des betroffenen Kindes/Jugendlichen
  • 2.2 Einschätzung der Rahmenbedingungen / des Systems
  • 2.3 Weitere eventuell relevante Fragestellungen

3. Welche Art von Krise liegt vor?

  • 3.1 psychosoziale Krise (des Einzelnen, des Systems)
  • 3.2 pädagogische Krise
  • 3.3 psychiatrische Krise
  • 3.4 psychosomatische Krise

1. Welche Informationen sind einzuholen?

1.1. Personaldaten

Unbedingt notwendige Informationen

  • Name, Alter und Geschlecht des Kindes / Jugendlichen
  • momentaner Aufenthaltsort des Kindes / Jugendlichen
  • Adresse bzw. zumindest Bezirk (um das zuständige Jugendamt eruieren zu können)
  • Obsorgesituation (beide Eltern, Kindesvater, Kindesmutter, Jugendamt, andere)
  • derzeitige Betreuungssituation (lebt bei Eltern, Kindesmutter, Kindesvater, Großeltern, Wohngemeinschaft, Heim, andere)
  • meldende Person (in welcher Beziehung zum Kind, Erreichbarkeit)

Zusätzliche hilfreiche Informationen

  • Telefonnummer / Adressen der Eltern

  • zuständiges Jugendamt / DSA
  • Beschäftigungsstatus: Schule, Arbeit, Ausbildung

1.2. Welche Situation liegt vor?

  • kurze Beschreibung der aktuellen Situation / des Problems
  • Was war der Anlass bzw. Auslöser der Krise?
  • Welche Personen sind beteiligt?

2. Einschätzung folgender Aspekte der Krisensituation

2.1. Einschätzung des Zustandes/Verhaltens des betroffenen Kindes/Jugendlichen

Vorliegen von körperlichen Beeinträchtigungen

  • akute körperliche Erkrankung
  • Beeinträchtigung durch Substanzmittelkonsum
  • Bei Verdacht ist eine unmittelbare Überweisung an eine Kinderstation eines Krankenhauses notwendig.

Beurteilung des psychischen Zustandes des Kindes / Jugendlichen anhand seines Verhaltens

  • psychisch unauffällig: 
Beispiel: das Kind wirkt ruhig, gut ansprechbar, kann auf Fragen angemessen antworten bzw. ist bei emotionaler Erregung beruhigbar
  • akut psychisch auffällig: 
Beispiel: das Kind ist sehr ängstlich, traurig, übermäßig aggressiv gereizt, sein Zustand ist durch Zuwendung / angemessenes Eingehen auf das Kind oder pädagogische Maßnahmen momentan nicht veränderbar
  • chronisch psychisch auffällig: 
Beispiel: bei dem Kind liegt eine diagnostizierte Störung des Sozialverhaltens
 vor; laut Aussage seiner Umgebung verhält es sich immer wieder aggressiv bzw. oppositionell; in der momentanen Situation entspricht sein Verhalten dem üblichen Verhaltensmuster
  • fremd- und / oder selbstgefährdendes Verhalten: 
Beispiel: enthemmter körperlicher Angriff auf andere Personen; massive Selbstverletzung, Suizidversuch oder Äußerung suizidaler Absichten

Einschätzung der Kooperationsbereitschaft der betroffenen Personen

  • Einsichtsfähigkeit
  • Bündnisfähigkeit

Mögliche Fragen, um dies zu beurteilen:

  • Wie gut gelingt es eine Beziehung zum Kind herzustellen?
  • Ist es möglich, zu einer gemeinsamen Problemdefinition zu gelangen?
  • Ist das Kind freiwillig bereit, etwas an der Situation zu verändern? 


2.2. Einschätzung der Rahmenbedingungen / des Systems

Familie / Erziehungssystem:

  • unterstützend
  • stabilisierend

  • destabilisierend
  • traumatisierend

Tagesstruktur (Schule / Arbeit / Ausbildung)

  • regelmäßig
  • unregelmäßig
  • Schulabbruch
  • Suspendierung
  • Krankenstand

Ressourcen

  • familiäre Unterstützung
  • außerfamiliäre Unterstützung
  • Beziehungen zu Gleichaltrigen

2.3. Weitere eventuell relevante Fragestellungen

  • Wie gut gelingt es, die Situation zu klären bzw. zu explorieren?
  • Welche Problemlösungen wurden bisher eingesetzt?
  • Welche Unterstützung hat sich dabei als hilfreich erwiesen?
  • Hat sich das Kind / der Jugendliche bisher an Vereinbarungen gehalten?
  • Wie sehr ist die Einbeziehung von Angehörigen / dem sozialen Umfeld notwendig bzw. sinnvoll?

3. Welche Art von Krise liegt vor?

Psychosoziale Krise (des Einzelnen, des Systems)

  • das Kind kann momentan (mittelgradig) psychisch auffällig oder unauffällig sein

  • die Krise besteht im System: psychischer Ausnahmezustand einer Betreuungsper
son; Ausfall einer betreuenden Person; Gewalt / Missbrauch

Pädagogische Krise

  • massive Erziehungsschwierigkeiten, die momentan in der bestehenden Situation nicht veränderbar sind

Psychiatrische Krise

  • selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten
  • akuter Erregungszustand / stark psychisch auffällig

Psychosomatische Krise

  • sieht aus wie eine akute körperliche Beeinträchtigung (Herzrasen, Erstickungsgefühle, Kreislaufkollaps, Bauchkrämpfe), die sofortiger medizinischer Abklärung bedarf